Von den Anfängen bis heute

Dr. Helmut Müller, viele Jahre der Vorsitzende des Heimat- und Kulturkreises Roxel, verfasste 1996 für eine kleine Schrift diesen kurzen Abriss der Geschichte von Roxel:

1975 ist im Zuge der kommunalen Gebietsreform der ehemals selbständige Ort zum Stadtteil der Stadt Münster avanciert, was ihm in mancher Hinsicht nicht gut bekommen ist. Hat er doch einen beträchtlichen Teil seiner westlichen Bauerschaft Brock und die Wasserburg Hülshoff eingebüßt - Annette von Droste-Hülshoff ist nicht in Münster, sondern in Roxel geboren und steht auch dort im Kirchenbuch - , die Pläne auf Errichtung eines Gymnasiums aufgeben und seine positiven Bilanzen als Bereicherung in den Stadtsäckel überführen müssen. Außerdem hat sich die Flächengröße von 3275 ha auf 1994 ha verringert.

Trotz dieser Einbußen hat die Einwohnerzahl infolge Ausweisung neuer Baugebiete geradezu sprunghaft zugenommen. Die statistische Entwicklung der letzten hundert Jahre sieht so aus: 1890: 1603, 1900: 1617, 1925: 1850, 1945: 2401, 1950: 2919, 1960: 3145, 1970: 5174, 1980: 6759. Zum 1. 1. 1996: 8118.  Während sich die Einwohnerzahl bis in die vierziger Jahre nur unwesentlich verändert hat, ist sie nach 1945 durch den Zuzug von Vertriebenen und Flüchtlingen, seit den sechziger und siebziger Jahren durch die Anlage von Gewerbe- und Wohnbauflächen stetig gestiegen und hat sich in den letzten fünf Jahren konsolidiert.

Wie die meisten Orte des Münsterlandes tritt Roxel erst in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts in das Licht der Geschichte. Ein festes Eckdatum bildet das Jahr 1177, als der Name als Familien- oder Herkunftsname in der Form Rokeslare oder Rukeslare in zwei Urkunden erscheint, ohne dass dieses Datum für die frühe Geschichte des Ortes irgendeine Bedeutung gehabt hätte. Vielmehr sind es Namensträger eines adligen Geschlechts, die zusammen mit anderen Familien in Diensten des Bischofs von Münster stehen und hier Ländereien der münsterschen Kirche verwalten und bewirtschaften. Zu diesem urkundlich überlieferten Datum gesellen sich etwa gleichzeitig anzusetzende baugeschichtlich und kunsthistorisch bedeutsame Fakten, die eng mit der Regierung des münsterschen Bischofs Hermann II. zusammenhängen, eines treuen Parteigängers des Kaisers und Vertrauten des Erzbischofs von Köln. Aufgrund dieser Beziehungen hat der Bischof eine weitgehend unabhängige Territorialpolitik betreiben und seine Landesherrschaft ausbauen können. Damit verbunden waren reiche Schenkungen an bedeutende Stifte und Klöster, die Einteilung der Stadt Münster in mehrere Pfarrbezirke, der Bau des Westwerks des Doms und die Ausstattung einer Vielzahl von Kirchspielen der näheren Umgebung Münsters mit neuen Steinbauten, unter ihnen auch Roxel. In diese Zeit datieren der heute noch stehende Turm der katholischen Pfarrkirche, der figurengeschmückte Taufstein und ein Gedenkstein, in diese Zeit fällt die Übertragung von Reliquien des hl. Pantaleon an die Roxeler Pfarrkirche.

Der Taufstein hat mit Sicherheit zur Ausstattung des neuen Kirchbaus gehört, der auf Kirchengrund der münsterschen Kirche und ihrer ministerialen Bewirtschafter entsteht; er stammt nicht, wie gern behauptet wird, aus der Kirche in Albachten. Ebenso wenig ist die Roxeler Kirche als eine Tochter der Albachtener anzusehen. Bis zur Errichtung der Pfarrei Roxel sind die Roxeler Höfe seelsorgerlich der Dompfarrei und der Überwasserpfarrei zugeordnet gewesen, nicht der Albachtener Kirche, wie überhaupt die Masse der Roxeler Höfe grundherrlich dem Domkapitel zugestanden und das Domkapitel den Archidiakonat in Roxel ausgeübt hat.

Der Bau der Kirche wird noch vor 1200 abgeschlossen gewesen sein, aber erst aus einer Urkunde von 1242 ist ersichtlich, dass Roxel ein Kirchspiel ist, also ein Dorf mit Kirche und Bauerschaften, das von der münsterschen Kirche verwaltet wird. Diese neue Kirchspielsbildung geht zeitlich einher mit der Neuordnung, die der Bischof in der Stadt Münster vorgenommen hatte. Als Stifter der Kirche können die Herren von Koten gelten, die wohl erst in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts aus dem Stift Minden in das Stift Münster übergesiedelt und in Roxel ansässig geworden sind. Sie haben in der Kirche ihre Grablege gefunden und diese ihre Stifterfunktion mit der Abbildung ihres Wappens an einer Wand des 1898 abgebrochenen Kirchenschiffs augenfällig gemacht. Die erste Urkunde, die Roxel als Wohnplatz ausweist, datiert in das Jahr 1212. Bischof Otto von Münster hatte sich hier mit Angehörigen des Domkapitels und zwölf Dienstmannen, mindestens 35 Personen, versammelt, um mit dem Domkapitel Güter auszutauschen. In den folgenden Jahrhunderten hat der Bischof Roxel bevorzugt als Versammlungsplatz gewählt und dort Landtage abgehalten wie auch auf dem nahe gelegenen Laerbrock mit den Ständen seines Herrschaftsbereichs wichtige landespolitische Entscheidungen getroffen.

Frühestens seit dem 13. Jahrhundert werden die Kirchspiele auf Geheiß des Landesherrn mit Landwehren umgeben. Sie dienten dem allgemeinen Nutzen der Landbevölkerung und schützten sie vor Überfällen, Raub und Brand. Ein regelrechtes Abwehrsystem im Vorfeld der Stadt Münster bildete die Landwehr der Klrchspiele Albachten, Bösensell und Roxel, wie sie bis heute in eindrucksvollen Partien als mehrfache Wall- und Grabenanlage zwischen Roxel und Albachten erhalten geblieben ist. Sie wird erstmals 1321, in späteren Urkunden häufiger erwähnt; immer dann, wenn es um Grenzbeschreibungen und den Unterhalt der Anlage geht.

Im alten Kirchspiel Roxel haben drei adlige Ministerialenfamilien gesessen: die schon erwähnten von Rokeslare und von Koten und die von Schonebeck. Während die beiden Erstgenannten in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts erscheinen und schon um die Mitte des 14. Jahrhunderts im Mannesstamm aussterben, haben die von Schonebeck seit der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts bis in das letzte Jahrhundert hinein geblüht. Die Schonebecks sind es auch gewesen, die den Grundstein zur heutigen Wasserburg Hülshoff gelegt haben, die 1349 als Haus tor Kulen Erwähnung findet. Dieses feste Haus kaufte im Jahre 1417 Johann von Droste aus der Familie von Deckenbrock zusammen mit dem Hof zum Hülshoff von der Witwe des Hermann von Schonebeck, und seitdem ist die Burg im Besitz der Familie von Droste, die sich dann, im Unterschied zu anderen Familiengliedern, nach dem Hülshoff benannte.

Der Stammsitz der Familie von Rokeslare ist nicht bekannt, dürfte aber im heutigen Altenroxel zu suchen und mit dem Siedlungsplatz des Hofes Schulte Altenroxel identisch sein. Schließlich ist Haus Brock in der gleichnamigen Bauerschaft zu nennen, eine Doppelinselanlage, von der heute nur noch Reste eines Herrenhauses des 17. Jahrhunderts, auf der Vorburg ein jüngeres Wirtschaftsgebäude, das sogenannte Torhaus, und der Schutthügel der Wohninsel zu sehen sind. Die ehemals der Familie von Steveninck, seit 1859 von Droste-Hülshoff gehörige Anlage wird heute landwirtschaftlich genutzt. Diese Familie, die wie die von Koten in der St. Pantaleon-Kirche ihre Grablege gehabt hat, ist in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zum neuen Glauben übergetreten. Vom ehemaligen Haus Markenbeck in der Bauerschaft Brock, das zuletzt im Besitz der Familie von Ketteler zu Harkotten gewesen ist, hat sich nichts mehr erhalten.

Das Kirchspiel umfasste die drei Bauerschaften Altenroxel, Brock, Schonebeck und die Dorfbauerschaft mit dem Dorf. Der Kirchplatz mit der Kirche war ehedem von Spiekern umgeben, die mit einem oder zwei Tordurchlässen, ähnlich wie heute noch in Havixbeck, einen wehrhaften Ring bildeten. In jüngerer Zeit waren hier zwölf Wohnparteien ansässig, unter anderem der Wirt, Handwerker, Krämer und der Küster, wurden hier die Schule, eine Kapelle und das Spritzenhaus errichtet, während der Pfarrer unweit davon auf dem Areal des Wedemhofs, des Pfarrhofs, wohnte. Von der älteren Bebauung ist nur noch die Gastwirtschaft Hagedorn einigermaßen unversehrt auf unsere Zeit gekommen, die übrigen Häuser sind längst verändert oder durch Neubauten ersetzt worden. Trotzdem kann der Ortskern seinen dörflichen Charakter nicht leugnen. Der einst um die Kirche herum angelegte Friedhof wurde 1835 auf die heutige Stelle an der Tilbecker Straße verlegt.

Bevor Bauerschaften, Kirchspiel und Dorf sich ausbildeten, haben die etwa einen halben Kilometer auseinander liegenden Drubbel Volkingdorf und Altenroxel am heutigen Dingbängerweg als Siedlungsschwerpunkte bestanden. Sie liegen oberhalb der Aa auf Eschböden und werden von einer alten, bedeutenden Straße, dem Königsweg, auch Münsterweg und Coesfelder Weg genannt, durchquert. Diese Fernstraße nahm ihren Ausgang bei Deventer und führte über Vreden, Stadtlohn, Coesfeld, Darup, Nottuln, Schapdetten und Tilbeck, das Laerbrock streifend, auf den alten Gerichtsplatz Bakenfeld und das Coesfelder Kreuz vor Münster zu. Man spricht gern davon, Münsters erster Bischof Liudger sei diesen alten Weg gezogen. Das spätere Dorf Roxel hingegen lag abseits dieser Straße und einer zweiten, die von Coesfeld über Billerbeck und Havixbeck, vorbei an der Burg Hülshoff, nach Gievenbeck und Münster verlief. Man wird nicht fehl gehen, die Entstehung der beiden Drubbel Volkingdorf und Altenroxel in die Ausbauphase der benachbarten Gievenbecker Reihe, in das 9. oder spätestens 10. Jahrhundert zu setzen. Auch hier hatte, wie in den übrigen Roxeler Bauerschaften, das münstersche Domkapitel vor allen anderen Grundherren den ausgedehntesten Besitz.

Vor 1500 bestanden im Kirchspiel Roxel 58 Höfe und etwa 20 Kotten, wie aus der ersten Steuerliste des Fürstbistums Münster von 1498/99 zu ersehen ist. Nach den für die Kirchspiele des Münsterlandes 1749 aufgestellten Seelenstandsverzeichnissen existierten in Roxel 59 Höfe. 137 weitere Familien und Untermieter wohnten in Kotten, Backhäusern, Spiekern und sonstigen Nebengebäuden, meistens Handwerker, Tagelöhner und mittellose Menschen. Immerhin werden 18 von ihnen als arm bezeichnet, 110 übten einen Beruf aus. Als Berufe kommen vor: Krämer und Wirte (5), Müller (2), Maurer (1), Schmiede (2), Schneider (9), Schuster (3), Weber (22), Schreiner und andere Holzverarbeiter (17), Schäfer, Jäger, Amtsbote und 42 Tagelöhner, Küster, Lehrer, Organist, Pfarrer, Kaplan und Hilfsgeistlicher. Um 1800 werden für das Kirchspiel wiederum 59 Höfe, aber 156 Kotten und kleinere Wohnstätten angegeben.

Es versteht sich, dass der Ort im Vorfeld der Stadt Münster immer wieder in Kriegsgeschehen verwickelt worden ist, so 1454 im Verlauf der Münsterischen Stiftsfehde, 1534 im Zusammenhang mit den Wiedertäuferunruhen, als die Belagerer der Stadt Münster in Roxel ein Lager für 222 Reiter aufgeschlagen hatten; vor und nach 1600 mehrfach durch Überfälle spanischer und niederländischer Truppen, die sich im Dreißigjährigen Krieg fortsetzten; durch die Belagerung Münsters 1660/61 und im Siebenjährigen Krieg, besonders in den Jahren von 1758 bis 1761. Um 1600 lag das Dorf wüst, 1663 wurde fast das ganze Dorf ein Raub der Flammen, 1691 und 1717 brannte es wiederum im Dorf. Ähnliches ereignete sich erst wieder zu Ende des letzten Weltkrieges, als auch Roxel von Bomben, Kampfhandlungen, Plünderungen und Besetzung nicht verschont blieb.

1803 wurde Roxel preußisch und dem Erbfürstentum Münster zugewiesen, von 1811 bis 1813 dem Kaiserreich Frankreich, Département de la Lippe, einverleibt. Roxel und Albachten bildeten in dieser Zeit die Bürgermeisterei (Mairie) Roxel. Als Bürgermeister fungierte Clemens August von Droste zu Hülshoff († 1825), Vater der Dichterin. Als 1816, nach wieder eingetretener preußischer Herrschaft, eine neue Kreisordnung geschaffen und der Landkreis Münster ins Leben gerufen wurde, bildeten die Gemeinden Roxel, Albachten, Bösensell und Nienberge die neue Bürgermeisterei Roxel, ab 1844 das Amt Roxel, das bis zum 31. Dezember 1974 Bestand gehabt hat.

Im 19. Jahrhundert hat der Ort an den Segnungen des Fortschritts teilgehabt. 1860 wurde die erste Kunststraße von Havixbeck über Roxel nach Münster gebaut, erst 1914 aber die nach Tilbeck; 1873 erhielt Roxel eine Postagentur, bald nach der Jahrhundertwende, 1907, einen eigenen Bahnhof an der neuen Eisenbahnstrecke Münster-Coesfeld-Empel-Rees. Doch erst 1925 kam der Ort an das Stromnetz. 1897 wurde das erste Geldinstitut eröffnet: die Spar- und Darlehnskasse Roxel, die heutige Volksbank Roxel. 1906 bildete sich die Freiwillige Feuerwehr. 1898 wurde das Kirchenschiff der katholischen Pfarrkirche trotz Protestes des Provinzialkonservators abgebrochen und durch einen großen und weiten neugotischen Hallenbau des Baumeisters Hilger Hertel d. J. ersetzt. Der romanische Turm blieb glücklicherweise erhalten, aber die alten wohlproportionierten Maßverhältnisse zwischen Turm und Schiff waren dahin. An der westlichen Seite des Kirchplatzes entstand um die gleiche Zeit ein zweigeschossiger Schulneubau, in dem heute ein Kindergarten eingerichtet ist. Seit 1950 ist eine regere Bautätigkeit in Gang gekommen, mehrere Neubaugebiete sind erschlossen worden. So entstanden im Osten und Süden, in den achtziger Jahren auch im Westen größere Ansiedlungen, die den Zuzug einiger tausend Menschen bedingten. In nicht einmal zehn Jahren wuchs die Gemeinde um 3000 Einwohner.

Am südlichen Rand, im Bereich des Nottulner Landwegs, dehnt sich heute ein weitflächiges Gewerbegebiet aus, in dem sich Industrien und Großhandelsunternehmen angesiedelt haben, und auch zwischen Autobahnlinie 1 und Dingbängerweg, im Osten des Stadtteils, haben sich verschiedene Unternehmen niedergelassen.

Auch erst nach 1945 hat sich eine evangelische Kirchengemeinde entwickeln können, die sich nach dem Pfarrer und Liederdichter Philipp Nicolai benannt hat und 1964 den Grundstein zu einer eigenen Kirche mit Gemeindezentrum legen konnte. Die 1962 neugebildete evangelische Kirchengemeinde Roxel umfasste die Orte Roxel, Albachten, Bösensell, Havixbeck und Nienberge, ist aber heute auf die Orte Roxel, Albachten und Bösensell beschränkt.

In Ortsmitte sind in den letzten Jahren viele Neubauten entstanden, und der südlich der Pantaleonkirche auf dem Gelände des ehemaligen Hofs Höping sich ausbreitende Pantaleonplatz, auf dem jeden Freitag Wochenmarkt abgehalten wird, hat mit seiner Bebauung in den Jahren 1981 bis 1983 seine heutige Gestalt gefunden. In den Jahren 1970 bis 1980 konnte der Ort das Schulzentrum mit Grund-, Haupt-, Real- und Sonderschule ausbauen und eine große Sporthalle errichten, 1973 ein Hallenbad einweihen. In den achtziger Jahren erhielt der münstersche Ortsteil im Anschluss an das Schulgelände ein großes neues Sportzentrum. Inzwischen sind eine ganze Reihe von Freizeitsportstätten entstanden. Nicht zuletzt die günstige verkehrsmäßige Anbindung an die Stadt Münster und die gute Infrastruktur haben diesen im Grünen liegenden Stadtteil zu einem beliebten Wohnplatz gemacht.



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